5つ星のうち5.0Bruno Walter und das NYP Orchestra unter Starkstrom
2015年2月18日にドイツでレビュー済み
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Die Fünfte
Manuel Rivera schreibt hier, dass das "Katastrophale" der Fünften von Mahler mit Bruno Walter noch durch die Aufnahmetechnik unterstützt wird. In der Tat: Die monaurale und etwas flache (naja - 1947!), aber äußerst klare Aufnahmetechnik verdichtet tatsächlich nochmal das Geschehen. Sowohl Bruno Walters messerscharfes klares feuriges und intensives Dirigat als auch das New York Philharmonic Orchestra, dass ich ganz selten (oder jemals?) so spielen gehört habe (z.B. William Vacchiano, Solotrompete!). Walter vergisst bei allem Schüren des Feuers und den sehr rasanten Tempi aber nicht das Melos und die Empfindung für lyrische Momente. Exemplarisch das Adagietto (eben kein Adagio!): Trotz des starken Zugs nach Vorne und dem Unverzärtelten geht nichts von der "Liebeserklärung" der Musik verloren. Wegen des extrem starken Eindrucks der Fünften vergebe ich für die gesamte VÖ fünf Sterne!
Die Vierte
Das Hörerlebnis bei der intimeren Vierten Mahler muss naturgemäß ein anderes Erlebnis sein als bei der himmelsstürmenden Fünften. Auch wenn diese Aufführung nicht so offensichtlich zwingend erscheint (auch bezüglich des Orchesters) wie die der Fünften, so ist sie dennoch ein ganz außerordentliches Tondokument Walters. Wie bei der Fünften handelt es sich nach wie vor um die "kürzeste" Aufführung im Schallplattenkatalog (die 5te mit 61 Min, die 4te mit 50 Min). Walter lässt die Musik fließen, "macht" nichts, spürt der klassischen Schönheit ebenso wie dem Modernen und auch Abgründigen nach. In seiner Schlichtheit (dazu bei Desi Halban gleich mehr) für mich neben Szell (ebenfalls hervorragend in der Natürlichkeit des Musizierens und der Empfindung!) und Reiner eine der ganz großen Vierten. Der Klang der Aufnahme von 1945 ist ausgezeichnet, farbig, aber natürlich in der Dynamik eingeschränkt und im Fortissimo (3.Satz) etwas blass. Da die Vierte aber kammermusikalischer als die Fünfte angelegt ist, fällt das kaum ins Gewicht. Das Monaurale ist überhaupt nicht störend. Allein Desi Halban scheint vom Mikrophon etwas unterbelichtet und unvorteilhaft dargestellt zu sein. Manchem mag das recht sein, denn wir sind heute mehr "Kunstgesang" gewöhnt und ihre sehr direkte Herangehensweise ist bestimmt nicht jedermanns Geschmack. Aber tatsächlich wird auch die sehr direkte Tonabnahme und das völlige Fehlen von Raumklang für diesen Eindruck verantwortlich sein...
Die Lieder
Desi Halban, die Sopranistin des letzen Satzes und der acht "Lieder aus der Jugendzeit", ist die Tochter von Selma Kurz, welche von Mahler 1899 an die Wiener Hofoper engagiert wurde und für ihren langen Kurztriller *g* berühmt wurde. Die persönliche Affinität zu Mahler ist auch bei den berührenden Aufführungen des Finalsatzes und der Lieder durch die Tochter Desi Halban spürbar. Es gilt zu bedenken, dass es in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts von Sängern noch nicht ein "Standardklang" erwartet oder "gezüchtet" wurde (auch bei den Orchestern) und sich so auch viel Persönliches zeigen kann - auch in der Gesangstechnik. Diese Bemerkung bedeutet nun nicht eine Relativierung der Kunst von Desi Halban, sondern will nur das Ohr für Ungewohntes öffnen. Wer hat schon je so natürlich das "Ich ging mit Lust" singen können? Desi Halban pflegt eine herzlichen Schlichtheit und ist darin quasi ein Gegenpol zu Elisabeth Schwarzkopf - natürlich nicht auf derer technischen Niveau... Der Klang der Lieder-Aufnahmen von 1947 ist ordentlich - wenn leider auch extrem direkt abgenommen. Diese fehlende Akustik wird wohl auch zu der inneren Unruhe bzw. Gehetztheit der Ausführung beigetragen haben. Bruno Walter ist auch am Klavier ein engagierter Begleiter.
Fazit
5te = ***** 4te = **** Lieder = *** (mehr wegen der unvorteilhaften Aufnahmebedingungen)
Wer von Walter nur die späteren Stereo-Aufnahmen mit dem Columbia Symphony Orchestra (Westküste) kennt, wird bei der vorliegenden CD vielleicht kein "Bruno Walter Dirigat" entdecken - in der Fünften eher Toscanini (wenn dieser Mahler dirigiert hätte)... Hier ist der Dirigent noch eine brennende Fackel (wie in der Neunten von 1938 aus Wien) und nicht der weihevolle abgeklärte "Mahler-Priester" wie in der späten Ersten und Neunten.
Der Digitaltransfer der englischen Sony-Ausgabe "classic recordings" (2004) (EAN: 5099751530121) ist wohl der bestmögliche. Besser sind diese Aufführungen auf CD bis dato nicht zu haben - und ich habe einige Ausgaben getestet!
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Über ein Feedback (Kommentare) zu meinen Bemühungen des Rezensierens würde ich mich freuen! Lesen Sie gern auch andere meiner weit über 200 Klassik-Besprechungen mit Schwerpunkt "romantische Orchestermusik" (viel Bruckner und Mahler), "wenig bekannte nationale Komponisten" (z.B. aus Skandinavien), "historische Aufnahmen" und immer wieder Interpretationsvergleiche und für den Kenner bzw. Interessierten meist Anmerkungen zum Remastering!